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Kunst und Chemie: Tote Fische explodieren im Museum

Als explosive Ausstellungsobjekte haben sich einige seit Jahrzehnten tote Fische bewährt: Fäulnisgas und Desinfektionsmittel sorgten in London für ein ungeplantes museales Feuerwerk.
Dies ist ein definitiv toter Fisch. Ein Ex-Fisch. Er ruht in Frieden.

Ein offenbar wegen Fäulnisgasen explodierendes Kunstwerk hat in der Londoner Hayward Gallery für einen Brand, Irritationen und die Notwendigkeit gesorgt, eine geplante Ausstellungseröffnung zu verschieben, berichtet das Nachrichtenportal »Artnet.news«. Der Brand habe geringen Sachschaden verursacht, und niemand sei ernsthaft verletzt worden – das auffällig gewordene Kunstwerk »Majestic Splendor« (1991–1997) der koreanischen Künstlerin Lee Bul, eine aus toten, mit Stickerei und Knöpfen verzierten Fischen bestehende Installation, sei allerdings in Mitleidenschaft gezogen worden.

Das Werk hat eine Vorgeschichte in puncto gescheiterter Ausstellungsversuche: Im New Yorker Museum of Modern Art musste 1997 die Präsentation der Fischinstallation abgebrochen werden, nachdem der vom Kunstwerk ausgehende Gestank die Besucher nachhaltig beeinträchtigt hatte. Dieses Problem sollte bei zukünftigen Präsentation vermieden werden: Die Fischreste wurden mitsamt dem geruchshemmenden Desinfektionsmittel Kaliumpermanganat in Plastikfolien verschweißt. Die Chemikalie KMnO4 verhindert bakterielle Aktivitäten und oxidiert Geruchsmoleküle effizient. Sie wird seit Jahrzehnten etwa eingesetzt, um neu verlegte Trinkwasserleitungen zu desinfizieren.

Ein Nachteil ist allerdings die leichte Entflammbarkeit, die nun offenbar dem koreanischen Kunstwerk und einer Stellwand der Hayward Gallery zum Verhängnis wurde. Das auslösende Malheur hatte sich wohl nur kurz vor der geplanten Eröffnung der Ausstellung ereignet: Offenbar war ein Plastiksack geplatzt, möglicherweise wegen größerer Mengen von aus dem verpackten Fisch ausgetretenen Fäulnisgasen. Gleichzeitig oder kurz darauf hat das Gasgemisch aus flüchtigen Aminen mitsamt dem Kaliumpermanganat dann aus bisher nicht abschließend geklärten Gründen tatsächlich explosiv reagiert. Das resultierende Feuer konnte bald unter Kontrolle gebracht werden, ein Mitarbeiter wurde noch vorsorglich wegen einer möglichen Rauchvergiftung untersucht.

Die Austellung musste nun einen Tag verspätet eröffnet werden, nachdem »kosmetische Reparaturen«, so ein Museumssprecher, den Schaden vertuscht hatten. Ausgestellt sind weitere Werke der Künstlerin – nicht länger aber das explosive »Majestic Splendor«, mit dem Lee Bul, so der Museumskatalog des MoMa 1997, die Vergänglichkeit herausgeputzer Schönheit thematisieren wollte.

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