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Fester als Stahl und Spinnenseide: Faden aus Holz ist stärkster Naturstoff

Wie überträgt man die überlegenen Eigenschaften von Nanostrukturen in die Makrowelt? Forscher am DESY haben einen Weg gefunden - mit Wasser.
Abgebrochenes Ende der hydrodynamisch gesponnenen Faser. Der Durchmesser der Faser ist etwa 10 Mikrometer.

Eine neue, extrem starke Naturfaser hat eine Arbeitsgruppe um den schwedischen Materialwissenschaftler L. Daniel Söderberg am Teilchenbeschleuniger DESY in Hamburg hergestellt. Wie das Team im »ACS Nano« berichtet, besteht der Stoff im Prinzip aus dem gleichen Material wie normales Holz – hat allerdings eine andere Struktur. Als Grundbausteine dienen in beiden Fällen Zellulose-Nanofasern, die Fibrillen. Diese ließen die Forscher durch ein System von Mikrokanälen strömen, das die einzelnen Fibrillen nahezu perfekt parallel ausrichtet; zu dicht gepackten Nanofasern gebündelt, übertragen sie die wirkenden Kräfte untereinander, so dass die entstehende, knapp zehn Mikrometer dicke Faser fast ebenso gute mechanische Eigenschaften hat wie ihre Bausteine.

Die nur wenige Nanometer dicken Zellulosefibrillen sind wegen ihrer nahezu fehlerfreien inneren Struktur sehr steif und widerstandsfähig. Allerdings ist es extrem schwierig, die besonderen Eigenschaften aus der Nanowelt auf ein Material in alltagstauglichem Format zu übertragen. Die Arbeitsgruppe um Söderberg nutzte dazu die hydrodynamische Fokussierung. Mit dieser Technik verengte sie einen Strang Nanofibrillen auf seinem Weg durch einen etwa einen Millimeter breiten Kanal auf ein Hundertstel dieses Durchmessers. Dazu stellte sie den pH-Wert so ein, dass die Fasern geladen waren – und deswegen nicht verklumpten, während sie sich in der Strömung parallel ausrichteten. Durch Wasser mit anderen pH-Werten veränderte das Team die Oberflächenladungen so, dass die Fibrillen sich kontrolliert zu einem hoch strukturierten Faden zusammenlagerten.

Ablauf und Ergebnis des Prozesses überwachten die Forscher mit PETRA III, einer extrem leistungsstarken Röntgenlichtquelle am DESY. Das Streumuster der Röntgenstrahlung zeigte dem Team, wie sich die Nanofibrillen parallel ausrichten und schließlich allein durch zwischenmolekulare Bindungskräfte aneinanderhaften. Das Endprodukt ist eine bis zu mehrere Meter lange Faser, die zugfester als Spinnenseide oder Stahl ist und etwa halb so zugfest wie Kevlar. Es handle sich um das bisher widerstandsfähigste biobasierte Material.

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