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Es kann der Frömmste nicht in Frieden rasen...

Das Internet im Auto stellt neue Herausforderungen an die Fahrkunst


Es war ein ganz normaler Morgen auf der A5 in Richtung Frankfurt. Ich war unterwegs zu einem dieser Termine, die einen Mann zwingen, seine besten Seiten herauszukehren. Also hatte ich den BMW genommen. Wer hätte geahnt, dass die Fahrt so enden würde.
Was blinkt mir dieser Ferrari rein, denke ich noch, das ist meine linke Spur. Soll er doch rechts überholen.
"You’ve got new mail!" Ausgerechnet jetzt, mit diesem Deppen im Nacken.
"Kommandant an Brücke. Order: Halogen!" "Bestätige: Halogen ist an!"
"Blinker links!" "Bestätige: Blinker gesetzt." "Tempomat 200, Order Ende!" "Bestätige: Tempo 200 konstant."
So, soll der sich doch grün und blau ärgern. Ich widme mich jetzt meinem Web-Modul. "Mailserver. Vorlesen."
Endlich, die aktuellen Börsenkurse. Ich lasse sie mir auf die Windschutzscheibe spiegeln. Holla, sehe ich da nicht Gewinnchancen bei TelematiXX? Wenn ich noch einen winzigen Moment warte und dann online verkaufe? Ich starre gebannt auf die Charts, bewegt sich der Kurs weiter nach oben? Ich starte die technische Chart-Analyse. Frage das Wetter in Tokio und die politische Lage in Guatemala ab. Man glaubt ja gar nicht, von welchen Faktoren ein Börsenkurs abhängen kann.
Wenn dieser Ferrari nur aufhören würde, mir reinzublinken. Ja, da bewegt sich was im Chart und – vor mir!
"Brücke an Kommandant. Crash in fünf Sekunden. Fünf ... vier ... drei ..."


Es war ein schwarzer Freitag. Bis die Feuerwehr meine Limousine aufgeschweißt hatte, vergingen Stunden. Zwischen Airbags eingeklemmt, musste ich hilflos mit ansehen, wie mein Wagen zerfiel und TelematiXX zunächst um ein halbes Prozent stieg, später abstürzte. Ich konnte mein Aktienpaket nicht im richtigen Moment abstoßen, denn das Sprachmodul war tot. Obendrein hatte der Crash die Videokonsole im Rücksitz aktiviert, die nun unablässig den Trailer eines kindgerechten Action-Shooters abspulte (im Lieferumfang des Wagens inbegriffen).

Zu allem Ärger befragte mich später ein Polizist nach "Ablenkungen beim Fahren". "Ich hatte die Augen permanent nach vorn gerichtet", antwortete ich wütend, "aber so ein Ferrari hat mir ständig reingeblinkt!" Jetzt soll ich für Aufmerksamkeitstests in den Fahrsimulator. Bloß weil manche Wissenschaftler vor der Informationsflut warnen, die aus dem Internet ins Auto schwappt. Das ist alles Unsinn, man muss halt fahren können. Schuld war bloß der Ferrari!

Aus: Spektrum der Wissenschaft 12 / 2001, Seite 82
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

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