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Stadtplanung: Xanten – ein Stück Rom in der germanischen Provinz

Wo immer Römer lebten, war eine Stadt nicht weit, bildeten Foren, Tempel und andere öffentliche Einrichtungen die Grundlage des gesellschaftlichen Lebens.
Axel Thünker DGPh

Als die Römer auszogen, ein Weltreich zu erobern, hatten sie nicht nur eine überlegene Waffentechnik und Kriegsführung im Gepäck. Wo immer es möglich war, gründeten sie Städte oder formten bestehende nach dem Muster römischer Stadtkultur um. Diese waren aber nicht nur der verlängerte Arm der fernen Zentralregierung in Rom. Tempel und Thermen entstanden, Aquädukte und Arenen, mehrstöckige Mietshäuser aus Lehm und Holz ebenso wie marmorne Paläste überzeugten oft genug die einheimische Bevölkerung, dass die römische Lebensart ihre Vorzüge hatte.

Ein schönes Beispiel urbaner Kultur bietet das römische Xanten, wie epoc, das Magazin für Archäologie, Geschichte und Kultur aus dem Verlag Spektrum der Wissenschaft in seiner ersten Ausgabe dieses Jahres erzählt. Xantens Geschichte begann um 13/12 v. Chr., als Kaiser Augustus große Heereskontingente an das linke Rheinufer verlegen ließ, um das noch freie Germanien auf der anderen Seite zu erobern. Damals entstand das Legionslager Vetera Castra. Mit den Militärs kamen aber auch deren Angehörige, Händler, Handwerker und Prostituierte – vom Sold der Soldaten ließ sich gut leben. So entstanden bald nahebei zivile Siedlungen. Eine davon lag an einem Nebenarm des Rheins, besaß also einen Hafen.

Gut 20 Jahre später, 9 n. Chr., schockierte die verheerende Niederlage in der Varusschlacht den Kaiser. Er gab sein Vorhaben auf, und nun oblag Militärlagern wie Vetera Castra der Schutz der Rheingrenze und der inneren Sicherheit in der Provinz. Statt Eroberungskrieg herrschte Frieden und das gab der am Rheinnebenarm gelegenen Siedlung die Möglichkeit zu wachsen. Besonders da der Fluss auch ein Handels- und Transportweg war.

98 n. Chr. war aus der Ansiedlung offenbar eine Stadt geworden, denn nun erhob sie der frisch gekürte Kaiser Trajan sogar in den Rang einer Colonia – in den germanischen Provinzen wurde nur das heutige Köln in dieser Weise bevorzugt. Der Titel brachte allen freien Bewohnern der Colonia Ulpia Traiana (kurz CUT) und des Umlands das volle römische Bürgerrecht, auch Nichtrömern. Von nun an zahlten sie weniger Steuern und hatten bessere Karrierechancen in der Armee. Da sich Xanten wohl weiterhin kaiserlicher Protektion erfreute, setzte zudem ein Bauboom ein, bei dem die CUT den archäologischen Befunden nach sogar teilweise abgerissen wurde, um sie nach den damals gültigen Vorstellungen einer optimalen Stadt wieder aufzubauen: mit einem in Rechtecke unterteilten Straßenraster, neuen Tempeln und Verwaltungsgebäuden sowie einer repräsentativen Stadtmauer. Mit rund 10.000 Einwohnern war die CUT nach damaligen Maßstäben eine Großstadt, ein Sinnbild römischer Kultur.

Doch das Glück währte nicht lange. Im 3. Jahrhundert erschütterten zahlreiche Krisen das Imperium, was sich auch am archäologischen Befund leicht ablesen lässt: Teile der CUT wurden verlassen, eine neue Stadtmauer um ein kleineres Areal diente mit 44 Türmen und zwei vorgelagerten Gräben offensichtlich nicht mehr der Repräsentation, sondern der Verteidigung. Aus der zivilen Stadt war eine Festung geworden. Im späten 4. oder frühen 5. Jahrhundert endete das römische Leben in Xanten, die Gebäude verfielen. Eine neue Zeit kündigte sich an: die Zeit der germanischen Reiche.

Abdruck honorarfrei bei Quellenangabe: epoc, 1/2012
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